Man erzieht nur mit dem Herzen gut

ein spirituelles Elternbuch

Genial, wenn Menschen und Organisationen den Mut haben, Erfahrungen auszuwerten, Erlebtes einzuordnen, eigenes Handeln kritisch zu beleuchten und Erkanntes verfügbar zu machen. Genau dies beabsichtigen Cathy und Daniel Zindel mit ihrem „spirituellen Elternbuch“. Sie haben selber vier Kinder und schreiben als Grosseltern. Sie halten Seminare und coachen seit 15 Jahren in der Beratungsstelle Rhynerhus der Stiftung Gott hilft Eltern und Familien. Auf diesem Boden wuchs die Überzeugung, dass man „nur mit dem Herzen gut erzieht“.

Rezension von Dr. Markus Müller

Cathy und Daniel Zindel wollen, so schreiben sie im Vorwort, «die Augen für die Schönheit» der je eigenen Familie öffnen! Eigenwillige Kinder, elterliche Fehler, eigene Grenzen in Ehe- und Gottesbeziehung können die Freude, Familie zu sein, nicht zerstören. Ein echtes Mutmach-Buch, gerade angesichts aller eigenen Verletzlichkeit und Begrenzung. Die Leitfrage in allem: Worauf kommt es wirklich an?

Spannend, wie das Buch aufgebaut ist. «Unser Familienhaus». Damit beginnt es. Familie ist, wo mindestens zwei Generationen zusammen leben. Familie ist ein «vielfältiger Beziehungsraum» mit Plätzen, die gefüllt sein wollen. Kinder haben ihren Platz, die Ehebeziehung hat ihren Platz, Gott hat seinen Platz. Schade, wenn diese Plätze nicht ausgefüllt oder falsch besetzt sind. Was, wenn der Haussegen schief hängt? Familie ist und bleibt Baustelle. Es wird gerungen, gestritten, beflügelt, blockiert, überrascht, getröstet und – hoffentlich – grenzenlos dazugelernt. Zahllose Beispiele von Vätern, Müttern und Kinder sowie pointierte Illustrationen von Michele Stricker verdeutlichen die geschriebenen Worte und nehmen Leser und Leserin mit auf eine inspirierende Entdeckungsreise.

Drei Ebenen unseres familiären Unterwegsseins werden unterschieden: Unser Handeln, unsere Haltung und unser Gehaltensein. Nur im Blick auf alle drei Ebenen kann es gelingen, in den täglichen Spannungen seinen Mann und seine Frau zu stehen. Fünf sehr konkrete Spannungsfelder werden beschrieben. Kaum ein Abschnitt, in dem erzieherisch Tätige sich nicht wiederfinden, da und dort eigene Schieflagen erkennen, immer mal wieder auch getröstet werden, denn: Scheinbar bin ich nicht der oder die Einzige, der oder die mit letzten Reserven kämpft und manchmal schlicht versagt. Solche täglichen Spannungsfelder sind Vertrauen und Sorgfalt, Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit, Autorität und Gehorsam, Dankbarkeit und Leidensfähigkeit sowie Freiheit und Verantwortung. Wie gut, nach jedem Kapitel vertiefende Fragen und Übungsanregungen, aber auch ein mögliches Gebet zu finden.

Leben soll gelingen! Der Glaube, dass sich dies ereignen kann, ist auf jeder Seite spürbar. Irgendwie geheimnisvoll, aber grenzenlos ermutigend, diese «Göttlich-kreative Pädagogik des Herzens». Ich würde sagen: Nach-denkenswert. Diskussionswürdig. Aufschlussreich. Im wahrsten Sinne des Wortes bildend und frohmachend.